Babys richtig pucken

Babys pucken - Anleitung und Hintergründe

Pucken hat eine jahrhundertelange Tradition und ist in vielen Kulturen dieser Welt bekannt. Dabei gab es schon immer kontroverse Ansichten über diese Form des Einwickelns. Ich habe bei der Kreuzberger Hebamme Grusche Nothdurft nachgefragt (weitere Informationen über Grusches Arbeit am Ende des Artikels). Es ist ein sehr spannendes Gespräch geworden, in dem ich viel Neues über das Pucken lernen konnte. Das möchte ich hier mit euch teilen. Dazu gibt es eine einfache Video-Anleitung zum richtigen Pucken


Inhalt

Was ist Pucken?
Pucken als Einschlafhilfe
Warum puckt man Babys?
Pucken: eine Anleitung
Die Kritik am Pucken
Die Antwort einer Hebamme
Pucken aus der Sicht eines Erwachsenen
Abendritual
Wann ist das Pucken überflüssig?
Wie lange pucken?
Blick in die Geschichte: Seit wann werden Babys gepuckt?
Fazit
Informationen zu Hebamme Grusche Nothdurft


Was ist Pucken?

Mit Pucken bezeichnet man das feste Einwickeln eines Babys in ein Tuch oder eine Decke, um so die Enge im Mutterleib nachzuahmen. Viele Hebammen und Eltern berichten von einem beruhigenden, schlaffördernden Effekt auf den Säugling.

Pucken als Einschlafhilfe

Ein Baby einfach nur zu wickeln, zu füttern, ins Bettchen zu legen und zu warten, bis es eingeschlafen ist, funktioniert nach der Erfahrung von Hebamme Grusche in den allermeisten Fällen nicht. 

Hier kommt das Pucken ins Spiel, genauso wie das Tragetuch. Beides kann helfen, dem Kind die Entspannung zu verschaffen, die es ohne diese Enge nicht findet. Ein Tragetuch hilft, weil wir Menschen “Traglinge” sind, wie Grusche Nothdurft erklärt. Das Tragetuch helfe durch seine Festigkeit und die Möglichkeit fürs Baby, nah an Mama oder Papa zu sein, ihren Herzschlag zu hören und beim Gehen automatisch geschaukelt zu werden.  

Ein Baby sollte aber auch den Tag-Nach-Rhythmus lernen. So können und sollten Eltern nachts auf das Tragetuch verzichten. Pucken sei dann eine wunderbare Alternative. Ein Baby spürt die konstante Enge und wacht beim Ablegen nicht so leicht auf. 

Warum puckt man Babys?

Etwa 20 bis 30 Minuten nach dem Einschlafen fällt das Baby in den Tiefschlaf. Das merkt man am Zucken der Arme, das sogar wir Erwachsenen noch kennen. 

Das ist der so genannte Moro-Reflex. Evolutionsbiologen gehen davon aus, dass dieser Reflex noch aus einer Zeit stammt, in der er überlebensnotwendig war: Babys krallten sich am Fell ihrer Eltern fest. Schliefen sie ein, sorgte der Moro-Reflex dafür, dass sie sich weiter festhielten und so nicht herunterfallen konnten. 

Möglicherweise sucht das Baby auch die noch vertraute Begrenzung der Gebärmutter. Kann es diese nicht spüren, wird es wieder wach. 

Vor 5.000 Jahren wäre es für uns Menschen fatal gewesen, ungeschützt einzuschlafen. Dieser Instinkt lebt vermutlich noch heute in uns. Das heißt, ein Kind fühlt sich dann am sichersten, wenn es eng am Körper der Eltern ist und bei Gefahr mit ihnen fliehen könnte.  

Durch das Pucken überwindet man diese Notwendigkeit: Das Kind spürt Grenzen und bekommt ein Gefühl von Sicherheit. So kann es sich entspannen und leichter in den Tiefschlaf finden. 


Pucken: eine Anleitung

Wenn du das Pucken ausprobieren möchtest oder schon weißt, dass es dein Kind entspannt und ihm zu einem guten Schlaf verhilft, findest du im Folgenden eine Puckanleitung.

Was brauchst du fürs pucken?

Pucken kannst du mit verschiedenen Textilien, z.B. mit 

  • einem Tuch 
  • einer Mullwindel 
  • einer Decke
  • oder einem Pucksack

Pucken mit einem Tuch

  1. Breite das Tuch vor dir aus, so dass eine Ecke zu dir zeigt. Die obere Ecke schlägst du etwas um. Ist dein Baby noch sehr klein, kannst du die Ecke etwas weiter umschlagen.
  2. Lege dein Baby mit dem Kopf auf die umgeschlagene Ecke, die Beine zeigen zu dir. 
  3. Lege die Ärmchen deines Babys entweder an die Körperseite oder vor dem Bauch übereinander.
  4. Nimm eine Tuchseite und wickle sie um dein Baby. Die Ecke steckst du unter Babys Rücken.
  5. Nimm dann die Tuch-Ecke an den Füßen und klappe sie nach oben. Den Zipfel steckst du unter dem Köpfchen ins Tuch.
  6. Nimm die andere Tuch-Seite und wickle sie um dein Baby. Die Tuch-Ecke steckst du vorne in den entstandenen Schlitz.

Im folgenden Video kannst du dir diese Schritt-für-Schritt-Anleitung anschauen: 

Du solltest nicht dein schreiendes Baby pucken. Laut Hebammen-Empfehlung solltest du dein Kind erst beruhigen und dann pucken. Z.B. gibst du ihm die erste Brust, dann puckst du es und gibst ihm dann die zweite Brust. 


Die Kritik am Pucken

Vor einigen Jahren hat der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e.V. eine Stellungnahme herausgebracht, in der sie das Pucken als überflüssig und gefährlich bezeichnen. Hintergrund der Kritik war der Umstand, dass immer mehr Eltern mit einem viel zu fest gepuckten Kind in die Arztpraxen der Kinderärzte kamen. 

So könnten Nerven abgeklemmt werden, das Kind beim tiefen Luftholen gehindert werden und eine Hüftdysplasie, also eine Fehlstellung der Hüfte, begünstigt werden. Darüber hinaus könnten Babys beim Pucken an heißen Sommertagen die Temperatur nicht gut ausgleichen und es könne zu einer Überhitzung kommen. 

Die Antwort einer Hebamme

Hierzu Grusche Nothdurft: “Ich sehe es kritisch, wenn Empfehlungen herausgegeben werden, die für jeden gelten sollen. Ich als Hebamme sehe das viel differenzierter und lebenspraktischer

Wenn nun z.B. gesagt wird: “Das Kind soll im Schlafsack im eigenen Bett schlafen, ohne Pucken, ohne Begrenzung”, das Baby schläft aber nicht. Dann denken die Eltern ganz schnell, ihr Kind wäre nicht richtig. Dabei ist das Kind nur so wie die allermeisten anderen Kinder auch: es kann so nicht einschlafen. Da habe ich als Hebamme das Gefühl, das bringt doch nichts, den Eltern Empfehlungen zu geben, die in der Realität nicht umsetzbar sind.”

Viele Eltern kennen diesen Teufelskreis: ihr Baby schläft 20 Minuten, dann wacht es wieder auf. Es weint und will schon wieder an die Brust. Eltern und Kind sind nach kurzer Zeit völlig erschöpft. Hebamme Grusche hat die jahrelange Erfahrung gemacht, welche Erleichterung es bringt, dann das Baby in ein Tragetuch zu nehmen oder zu pucken. 

Die Kritik, dass Babys zu fest gepuckt werden, kann Grusche nicht teilen. In ihrer täglichen Hebammen-Arbeit sei ihr dieses Problem noch nicht begegnet. Ein Tuch sei ja nicht starr, sondern immer auch ein wenig elastisch.

Im Zweifel können sich die frisch gebackenen Eltern die Puck-Technik von ihrer Hebamme zeigen lassen. 


Pucken aus der Sicht eines Erwachsenen

Grusche Nothdurft erklärt, wie manch Erwachsener auf das Pucken schaut: 

“Wir Erwachsenen finden ja Freiheit schön. Und uns erscheinen schon die Gitterstäbe vom Bettchen wie ein Gefängnis. Aber ein Kind kennt kein Gefängnis. Ein Kind kennt nur sein schönes Bettchen. Und Begrenzung. Ein Kind findet Freiheit beängstigend, weil es bis dahin immer, wenn es sich bewegt hat, die Grenzen der Gebärmutter gespürt hat. Und da finde ich es total legitim und natürlich, wenn ein Baby in seinen ersten Lebensmonaten erschreckt ist durch so viel Platz.”

Das sehe man sehr deutlich, wenn ein Neugeborenes auf den Wickeltisch gelegt wird: es reißt die Augen auf, die Ärmchen fliegen zur Seite und es fängt womöglich an zu schreien. Wenn man dann die Händchen nimmt und sanft an die Brust drückt, spürt es wieder seine eigenen Grenzen und kann sich beruhigen. 

Ein Neugeborenes lernt seinen eigenen Körper erst kennen. Erst, wenn Mama oder Papa das Babyhändchen streichelt, spürt das Baby, dass es Händchen hat. Wenn ein Baby die wohl vertraute Begrenzung spürt, sehe man förmlich, wie das Baby aufatmet und sich entspannt.

Grusche Nothduft: “Es gibt kluge Eltern, die sagen: mein Kind wäre ein Schrei-Kind, wenn ich es einfach ins Bettchen lege, wenn es müde ist. Aber ich nehme es ins Tuch oder ich pucke es und dadurch schläft es wunderbar.

Ich erinnere mich an die angeblich 100.000en von Schreikindern in den 90er Jahren, die einfach nicht einschlafen wollten. Damals dachte man noch: wenn ein Kind müde ist, schläft es ein. Also kann ich es einfach in sein eigenes Bettchen legen. Aber es gehört mehr dazu, nämlich ganz, ganz viel Vertrauen.”

Wenn wir Erwachsenen uns in unser Baby hineinfühlen wollen, können wir uns vorstellen, wir sollten auf der Straße vor unserer Tür einen Mittagsschlaf halten. Das würden wir nicht können. Wir hätten Sorge vor dem nächsten Auto, das uns überfährt. Und genau so fühlen sich die allermeisten Neugeborenen. Ihr Instinkt sagt ihnen: hoffentlich kümmert sich beim Schlafen noch jemand um mich! 

Hier ersetzt das Pucken die Berührung der Arme der Eltern.


Abendritual

Hebamme Grusche empfiehlt ein schönes Abendritual, an das sich das Baby gewöhnen kann, um so leichter in den Schlaf zu finden. 

Das Abendritual könnte z.B. so aussehen: 

  • die Füßchen mit Lavendelöl massieren
  • unter der Wärmelampe ein Schlaflied singen
  • dann die Schlafkleidung anziehen
  • das Baby pucken
  • an der Brust eindösen lassen

Weitere unterstützende Maßnahmen, die du auch tagsüber anwenden kannst, damit sich dein Kind sicher und geborgen fühlt: 

  • mit einer Wärmflasche das Bettchen vorwärmen
  • ein verschwitztes Shirt der Mutter für den vertrauten Geruch

Kennst du noch weitere schöne Abendrituale oder Hilfen, damit dein Baby besser einschläft? Schreib uns gerne!


Wann ist das Pucken überflüssig?

Natürlich gibt es auch die Babys, die einfach so einschlafen können. Dann dürfen sich die Eltern freuen und müssen es natürlich nicht unnötigerweise tragen oder pucken

Manche Eltern beschreiben, ihr Kind habe nach dem Pucken so lange gezappelt, bis die Ärmchen oder der ganze Körper frei waren. Erst dann sei es eingeschlafen. So ist es dann auch völlig in Ordnung. Möglicherweise braucht dieses Kind das Pucken dann nicht. Oder aber, es braucht diesen kurzen “Kampf”: beim Herauszappeln spürt es seine Grenzen und kann dann gut entspannen. 

pucken_mit_tuch

Das ist jedoch die Ausnahme. Nach Grusches Erfahrung brauchen die meisten Babys mehr Unterstützung zum Einschlafen. 

Grusche Nothdurft sagt: “Dann kann ich als Hebamme doch nicht empfehlen: lass dein Baby im Bettchen schreien, das wird dann irgendwann schon einschlafen.”

Eine Hebamme empfiehlt deshalb, was dem einzelnen Kind gut tut und was die Eltern auch mit ihrem gesunden Menschenverstand spüren, auch wenn es sich gegen die offiziellen Empfehlungen richtet.

“Ich denke immer, wenn ein Kind auf diese Art gut schläft, dann kann es nicht falsch sein. Denn sonst würden sie es zeigen, dass es nicht in Ordnung ist.”


Wie lange pucken?

Natürlich sollte man ein Kind nicht - wie zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts empfohlen - 24 Stunden lang pucken, sondern zur Schlafenszeit. Entweder abends oder zusätzlich auch tagsüber, wenn man als Eltern das Gefühl hat, nun ist es Zeit zum Schlafen. 

Auch größere Kinder von etwa sechs Monaten kann man noch pucken. Hier benötigst du ein etwas größeres Tuch. Du kannst dein Baby einfach “wie eine Sushi-Rolle einrollen” (Grusche Nothdurft) und so in die Trage nehmen.


Blick in die Geschichte: Seit wann werden Babys gepuckt?

Die Hebamme Grusche Nothdurft erzählt mir: “Als das Pucken in Deutschland etwa um 1900 aufkam, hat man die Kinder in den ersten Lebensmonaten fast rund um die Uhr und sehr eng gepuckt. Damals dachte man, das Baby brauche diese Unterstützung, damit der Rücken gerade wird. Das wird in vielen Kulturen immer noch so gehandhabt, z.B. in der Mongolei oder in Teilen der Türkei.”

In den 1970er Jahren entstanden in Deutschland soziale Protestbewegungen: die Kinder rebellierten im großen Stile gegen die Eltern, woraus die berühmte 68er Bewegung entstand. 

Das hatte große Auswirkungen auf die Kindererziehung und eben auch das Pucken: Nun hieß es vielerorts, ein Kind brauche Freiheit, es müsse strampeln können. Übrigens wurde in dieser Zeit der Strampler erfunden. Bis zu dem Zeitpunkt hatte das Pucken die Kleidung ersetzt. 

Rund 20 Jahre später fanden viele Eltern zu einem Gleichgewicht, zu einem “sowohl-als-auch”: Sie beobachteten, dass ihre Babys es lieben, frei zu strampeln, gerne auch nackig auf dem Wickeltisch, manchmal aber - vor allem wenn es ums Einschlafen geht - mehr Hilfe brauchen


Fazit

Wir im Lila Lämmchen haben zum Teil unsere Kinder gepuckt und waren begeistert oder wir haben es ausprobiert und gemerkt, dass unser Kind es nicht mag. Wie so oft im Leben gilt deshalb unserer Meinung nach auch hier: schaue dir dein Kind an, höre auf deinen Instinkt, dann wirst du nach unserer Erfahrung sehr schnell herausfinden, ob das Pucken deinem Baby gut tut oder nicht.


 Grusche Nothdurft

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Seit vielen Jahren bietet Grusche Nothdurft Geburtsvorbereitung, Schwangerenvorsorge, Wochenbettbetreuung u.a. an. Sie ist Teil der HEBAMMEN GRAEFEKIEZ in Berlin Kreuzberg. 

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